Wer sich fisten lassen will, muss lernen, tief zu entspannen. Dafür gibt es »Techniken«. Die besten haben wir hier zusammengetragen. Unter Fisting und psychischen Faktoren gibt es die verschiedensten Überzeugungen zu Gleitmitteln, Techniken und Stellungen, aber in einer Frage sind sich alle einig: Beim ersten Mal ist das Fisten vor allem eine mentale Angelegenheit. Ja, richtig gelesen. Eigentlich, so denkt man, muss man lernen, den Kopf abzuschalten, um sich fisten zu lassen, man muss den Alltag loslassen, alle festen Vorstellungen vergessen (z.B. was die Großmutter über einen denken würde, wenn sie einen mit der Faust im Hintern erwischte). Aber den Kopf schaltet man am besten mit dem Kopf aus. Ein bisschen kann man dieses erste Mal mit Radfahren oder Schwimmenlernen vergleichen. Man kann anderen dabei zusehen, man kann sich einen Vortrag darüber anhören, man kann alles darüber lernen – aber wie es tatsächlich funktioniert, versteht man erst, wenn man es selbst macht. Wenn man es zulässt.
Ohne den Kopf geht’s nicht!
»Fisten geht übern Kopf. Wer Angst vor dem Schmerz hat, wer zweifelt, ob das klappen wird, bei dem wird es nicht funktionieren.« (Leonhard, 48)
Den Schließmuskel zu entspannen, bekommen wir nicht beigebracht. In der Schule gibt es kein Unterrichtsfach, das sich damit beschäftigen würde, und unsere Eltern haben in der Regel auch nicht die größte Ahnung davon. Das ist so, wie wenn dich dein Yogalehrer auffordert, das erste Mal eine Brücke zu machen…. du weißt schlichtweg nicht, welche Muskelgruppen du anspannen musst, um rückwärts auf allen vieren zum Stehen zu kommen. Oft stellt man sich wie ein Vollidiot an und versucht und versucht, bis es auf einmal klappt! Beim zweiten Mal war es dann schon leichter. Mit dem Gefistetwerden ist das nicht anders.
Fisting psychische Faktoren: eine Einstellungssache
»Ein bisschen fisten geht nicht. Das ist wie ein bisschen schwanger werden wollen«, sagt Hans, der schon seit vielen Jahren fistet. »Man muss zu dieser Vorliebe stehen wie zum Schwulsein selbst. Dann kann man auch leichter seine Rosette öffnen.« Da ist sicher etwas dran. Wer seine Wünsche nicht selbstbewusst und mit Selbstverständlichkeit auslebt, sondern sich dafür schämt, muss zusätzlich zu den rein mechanischen Hürden des Körpers gegen die inneren Barrieren ankämpfen. (Manche ballern sie mithilfe von Drogen weg, was die Probleme allenfalls vorübergehend unterdrückt.) Ebenso schwer wird sich tun, wer einfach nur einem Trend folgt, nach dem Motto: »In den Profilen der sexy Männer steht, dass sie fisten wollen, dann mach ich da halt mal mit, um an die Kerle ranzukommen.«
»Sobald du dir vertraust, sobald weißt du zu leben.« (Mephistopheles in Faust I, Vers 2062)
Es kommt auch auf den Partner an
»So eine Art von intensiver Beziehung kann ich zu meinem Dildo nicht herstellen.« (Fritz, 27)
Sich fisten zu lassen, erfordert Vertrauen. Man kann es damit vergleichen, bei jemandem auf dem Motorrad mitzufahren. Wenn du da Angst hast, wird die Fahrt zum Höllenritt. Man muss so viel Vertrauen in den Biker haben, dass man sich mit ihm in jede Kurve legt, egal, wie steil er sie nimmt. Sonst ist das nicht nur unangenehm, es kann sogar gefährlich werden.
Kontrolle aufgeben
Viele Männer haben Angst, die Kontrolle anderen zu überlassen. Beim Fisting sind psychische Faktoren die Fähigkeit zu vertrauen und Intimität zuzulassen, proportional zu den körperlichen und psychischen Genüssen. Wie das Mitfahren auf dem Sozius eines Motorrades funktioniert Fisten am besten über eine Kommunikation ohne Worte. Beim Motorradfahren wäre eine verbale Verständigung aufgrund der Fahrgeräusche und der Helme ohnehin nur schwer möglich; beim Fisten tut man sich mit den Worten schwer, weil man dabei in emotionale Bereiche vordringt, in denen es noch keine Worte gibt, allenfalls Laute. Und wo die Worte fehlen, muss man sich aufeinander einlassen. Das klappt nicht mit jedem. Man muss sich darauf verlassen können, dass der andere die Nähe nicht missbraucht, dass er sich auf einen einlässt, anstatt ein vorgefertigtes Programm abzuziehen.
Rat vom Psychologen
Wer sich nicht entspannen kann und im Alltag nicht darunter leidet, sondern nur seinen Schließmuskel nicht weiter gedehnt bekommt, braucht keineswegs die professionelle Hilfe eines Psychologen oder Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen. Sich nicht für eine Hand öffnen zu können ist völlig okay!
Das Umfeld entscheidet
Es gibt Menschen, die können überall Sex haben, sie genießen es, wenn andere dabei zuschauen, sie ziehen daraus sogar einen besonderen Kick. Als Anfänger sollte man sich das nicht zum Vorbild nehmen. Es ist völlig in Ordnung, die ersten Erfahrungen in der trauten Zweisamkeit zu machen. Bei geschlossenen Vorhängen. Im Halbdunkel. Neue Welten wollen langsam und vorsichtig erkundet werden. Im Rampenlicht stehen und ein Publikum unterhalten, das kannst du später immer noch.
»Im Anfang war die Tat!« (Faust in Vers 1237)
Progressive Muskelentspannung
Fürs Fisting gibts psychische Faktoren und eine Reihe von Techniken, die dir dabei behilflich sein können, dich zu entspannen. Bei der progressiven Muskelentspannung nach Edmund Jacobson (auch progressive Muskelrelaxation oder PMR genannt) werden willentlich nacheinander bestimmte Muskelgruppen fest angespannt und nach einer Weile dann tief entspannt, um am Ende einen Zustand tiefer Entspannung im ganzen Körper zu erzielen. Die Konzentration der Person wird dabei auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung gerichtet und auf die Empfindungen, die mit diesen unterschiedlichen Zuständen einhergehen. Ziel des Verfahrens ist eine Senkung der Muskelspannung unter das normale Niveau aufgrund einer verbesserten Körperwahrnehmung. Mit der Zeit lernt man dadurch, seine Muskeln zu entspannen, wann immer man das möchte.
Fisting und psychische Faktoren: Selbsthypnose
Selbsthypnose heißt in diesem Zusammenhang, dass man die Aufmerksamkeit ganz nach innen richtet. Hypnos stammt aus dem Griechischen und heißt eigentlich Schlaf. Der Zustand, den du erreichen willst, liegt zwischen Wachsein und Schlaf. In der tiefen mentalen Entspannung ist die Kritikfähigkeit Deines Wachbewusstseins stark reduziert, so umgehst du eine Menge Blockaden. Zudem kannst du lernen, physische Erfahrungen (Schmerz) für dich umzudefinieren, z.B. so:
- Setze dich entspannt an einen angenehmen Ort (Liegen erhöht die Gefahr einzuschlafen).
- Lenke die Aufmerksamkeit nach innen.
- Achte auf Deinen Atem: ein, aus, ein, aus.
- Gehe nun in Gedanken langsam durch deinen ganzen Körper. Von der Bewegung deines Brustkorbs ausgehend, taste Dich über Hals, Unterkiefer, Gesicht, Stirn nach oben in den Kopf und wandere dann in einem großen Kreis nach unten in die Zehenspitzen. Von dort über die Knöchel, Waden, Knie und Schenkel in Deine Körpermitte.
- Erspüre Millimeter für Millimeter jeden Winkel deines Beckens. Schwanz, Eier, Hintern, Rosette.
- Gehe nun in die Rosette hinein. Wie fühlt sie sich an? In welchem Spannungszustand befindet sie sich?
- Stell dir nun vor, wie sie sich langsam öffnet. Sie geht einfach auf wie die Blüte einer Blume oder das Tor einer Scheune (wähle ein Bild, das dir sympathisch ist).
- Spaziere nun durch diese geöffnete Rosette nach draußen.
- Öffne sie noch ein wenig weiter.
- Betrachte die Hand, die draußen vor der Rosette darauf wartet, eingelassen zu werden. Kannst du ihr vertrauen? Falls nicht, was brauchst du dazu?
- Spüre nun die Hand an deiner Rosette, wie sie dich berührt, wie sie langsam und vorsichtig durch den Schließmuskel hindurchtritt.
- Erfreue dich an dieser Hand. Tauche ein in die Lust, die sie dir bereitet, und geh darin auf.
- Genieße das für eine Weile. Lass die Hand sich dann nach etwa fünf Minuten zurückziehen, verschließe Deinen Schließmuskel wieder, spüre nach, atme tief durch und öffne langsam die Augen.
- Wiederhole diese Übung immer vor den Dehnübungen und stelle dir statt der Hand den Dildo vor, mit dem du trainierst. Es wird das Training vereinfachen.
Lust lässt sich lernen
Nicht alle Homos können aus dem Hinterspiel Lust gewinnen. Jeder entscheidet selbst, was ihm Spaß macht. Was dem einen Lust bereitet, empfindet der andere als schmerzhaft. Hinternspiele sind nicht per se lustvoll oder schmerzhaft. Die negative oder positive Einstellung, die jemand dazu entwickelt, scheint auch eine Lernerfahrung zu sein.
Autogenes Training
Der Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz entwickelte diese Methode Anfang der 30er Jahre aus der Hypnose. Es ist in der Essenz eine Art Selbstprogrammierung und funktioniert z.B. so:
- Setz dich entspannt und aufrecht auf einen Stuhl.
- Lass dir einen Moment Zeit, bis Du Deine ganze Aufmerksamkeit auf dich und deinen Körper richten kannst.
- Spüre dann in deinen Schließmuskel hinein und sage dir z.B.: »Mein Schließmuskel ist ganz weich und entspannt. Ich kann ihn jederzeit weit öffnen.«
- Wiederhole diesen Satz langsam mit großen Pausen immer wieder und spüre dabei, wie warm und weich dein Schließmuskel wird.
- Wiederhole ihn mindestens siebenmal.
- Dann balle die Fäuste, spanne deine Arme an, spanne deine Beckenmuskulatur an, ziehe die Zehen nach oben, und mit der Entspannung deines Körpers reiße die Augen auf.
- Die Übung dauert etwa 15 Minuten. Wiederhole sie täglich.
Entspannung, wie geht das?
Progressive Muskelentspannung, Selbsthypnose und autogenes Training setzen die Fähigkeit zur Entspannung voraus. Manchen Menschen fällt das leicht. Sie lenken ihre Aufmerksamkeit z.B. einfach auf den Schließmuskel, und schon haben sie alles andere vergessen.
Die meisten kriegen den Kopf nicht so schnell frei von Gedanken an die Arbeit, den Müll, der rausgetragen werden muss, und der Geschichte, die sie den besten Freunden später über ihre erste Fist-Erfahrung erzählen wollen. Wenn du merkst, dass es dir nicht so leicht fällt, deine Aufmerksamkeit ganz ins Hier und Jetzt zu lenken, kannst du dich mit folgender Methode von allem Ballast schnell befreien:
- Spüre tief in dich hinein und folge deinem Atem. Lenke dann deine Aufmerksamkeit an der Oberfläche deines Körpers entlang und nimm wahr, wo du Druck verspürst (wenn du auf dem Rücken liegst, z.B. deinen Rücken, deine Arme, deinen Kopf. Fühle, ob du an deiner Position etwas ändern kannst, um noch mehr zu entspannen. Falls ja, tue es. Falls nein, gehe zu Punkt 2 über.
- Lenke nun deine Aufmerksamkeit auf deine Gefühle. Bist du aufgeregt? Ängstlich? Verliebt? Falls ja, wo spürst du das jeweilige Gefühl? Im Bauch, im Kopf, zwischen den Beinen? Schreibe den Gefühlen eine Farbe zu, und wenn du alle entdeckt hast, gehe über zu Punkt 3.
- Beobachte nun deine Gedanken. Wo sind sie? Halten sie noch an irgendwelchen Inhalten aus dem Büroalltag fest? Denkst du noch über die nächste Schularbeit nach? Oder welche Belege du für den Antrag auf einen Telefonanschluss ausfüllen musst? Falls es dir hilft, die Gedanken loszulassen, wenn du jetzt noch etwas notierst, dann tue es. Ansonsten lass sie wie sie sind und sag dir, dass du dich gleich nach dem Fisten wieder mit ihnen beschäftigen wirst.
- »Sex ist vor allem eine Sache des Kopfes, der Körper ist nur Werkzeug.« (R.A. Fournier)
Fisting und psychische Faktoren: es beginnt im Kopf
- Fisten ist – zumindest am Anfang – vor allem eine Kopfsache.
- Wie weit du dich für eine Hand öffnen kannst, ist eine Frage der Übung.
- Wie viel Lust du dabei empfindest, kannst du auch lernen.
- Vertrauen und die Bereitschaft zur Intimität sind die besten Mitspieler.
- Aber es kommt auch auf den richtigen Partner an.
- Wenn die Umgebung stimmt, fällt es dir leichter, dich zu öffnen.
- Drogen sind nicht die besten Freunde.
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